Schottland 2015: ROCK & (R)OL(L)
Schottland also. Gründe für eine Reise in den britischen Norden gibt es genug: Die Scottisch 6 Days 2015 waren in Kombination mit der Weltmeisterschaft 2015 letztlich die beiden entscheidenden Gründe, um einen sportlichen Urlaub in den „Highlands“ zu verbringen, zu genießen. „Es war höchste Eisenbahn“ oder wie wir weltreisende Fremdsprachenkünstler mit großer Leidenschaft für englische Redewendungen sagen: “It was highest railway”!
“Goes not, gives not”. 6 Etappen in 7 Tagen? Warum eigentlich nicht. 6 Etappen in 7 Tagen: Großartig! Unter die mehr als 5.000 Teilnehmer der Scottish 6 Days 2015 mischen sich auch die Familien Bonek, Gassner, Hlosta, Kastner, Tiefenböck und Wolfram. In Inverness, der nördlichsten Stadt Großbritanniens und dem Zentrum der Highlands errichten wir am saftig-grünen Rasen unsere rot-weiß-rote Wohnmobil-Wagenburg. Von hier schwärmen wir täglich zu unseren Rennen bzw. zu den parallel verlaufenden WM-Entscheidungen aus. Wir sind Läufer und Zuschauer. Wir suchen nach der Idealroute und wir saugen die (vor allem bei der Mixed-Sprint-Staffel und dem Sprint-Finale) großartige WM-Atmosphäre auf. Eine intensiv-schöne Woche lang.
“I understand just railway station”. Die Baumgrenze liegt hier bei 500m über dem nahen Meer, wird oberhalb von wunderschöner Moor- und Heidelandschaft abgelöst. Arktische Gewächse blühen ab 600m Seehöhe, auf 1100m halten sich auch Anfang August hartnäckige Schneefelder. Die Karten mit unseren Laufgebieten haben Namen wie „Achagour“, „Strathfarrar“ und „Affric“ und sind für uns Wienerwald-Junkies genau das: exotisch, wild, wunderschön, fordernd. Vor allem. Und glücklich ist der, der weiß, wie man weiss (und gelb und grün) auf der schottischen Karte zu interpretieren hat.
“Completely blue”. 6 Etappen im schottischen Hochland sind aber auch und vor allem eine physisch anstrengende Reise durch den schottischen OL-Kosmos: Sehr schönes Laufen im Birkenwald, gutes Laufen im Kiefernwald, eingeschränktes und kraftraubendes Laufen im manns- (und natürlich auch frauhohen) Farn, viel kraftraubendes Laufen (und Stolpern) durch Heidekraut, noch mehr (und schon wieder) kraftraubendes Laufen durch Sümpfe, kaum Laufen auf Wegen (in Ermangelung derselben), gar kein Laufen (dafür Klettern, Balancieren und Krabbeln) in Windbruch-Abschnitten. Kampf und Genuss. Anstrengend und atemberaubend. Trotz aller körperlichen Herausforderungen erleben wir unser “Runners High“ auf Schottisch. Es ist ein Hochgefühl im Hochland.
“Everything is in butter”. Alle, vor allem die Hochland-Debutanten schlagen sich erfolgreich durch die schottische Wildnis. Dreimal laufen wir sogar auf den WM-Karten und beenden unseren 6-Tage-Lauf im selben Zieleinlauf wie die Langdistanz-Weltmeister 2015 Ida Bobach, Dänemark und Thierry Guergiou, Frankreich. Alles ist gut. Und wird fast noch besser, denn auf uns warten in den folgenden Urlaubstagen noch viele Hochland-Höhepunkte: Loch Ness (am Ende nur auf Platz #34 unserer Loch-Hitparade. Das letzte Loch quasi), Ben Nevis (vernebelt), die Isle-of-Skye (wild), das mittelalterliche Castle Eilean Donan (wunderschön) sowie Sandstrände und Steilklippen, Schottenröcke und Schafweiden. Das volle Programm eben.
„Entire big cinema“: Das schottische Hochland ist a) eine Reise wert, b) feucht c) wunderschön d) ein Freiluftmuseum für Landschaftsformen-Architektur. Ein Freiluftmuseum mit Triple-A-Status: Atemberaubend. Abwechslungsreich. Anders.
“I believe I spider”. Im Reich der wilden Tiere. Wir haben Lachse beim Wandern beobachtet, Seehunde beim Schnorcheln, Rotwild beim Jausnen, Nessie beim Tauchen. Und Schottlands wahre Ungeheuer im Nano-Format: „Midges“ beim Fliegen. Unsere vertrauten Gelsen sind im Vergleich mit den winzigen schottischen Fliegen liebliche Kuscheltiere. Schwärme winziger beißender schwarzer Punkte haben uns immer wieder die Arbeit erspart, den Tisch für das Abendessen im Freien zu decken.
“That goes itself not out” Der Norden. Die Temperatur sinkt parallel zur Bevölkerungsdichte. Viel Gegend, wenige Menschen. Unsere Eindrücke verdichten sich zu einem klaren Bild: Der durchschnittliche Bewohner der spärlich besiedelten nördlichen Highlands züchtet Schafe, malt Landschaftsbilder und wartet mit der Abwanderung in die Ballungszentren im Süden bis sein Steinhaus verkauft worden ist (Jedes 2. Haus ist ein Bauernhof, jedes 3. Haus ist „for sale“, jedes 4. Haus ist eine „Art Gallery“). Und/oder tröstet sich mit einem Schluck Whisky.
“In the big and the whole“: 20 ereignis-, erlebnis- und eindrucks-reiche Tage im wilden Norden Großbritanniens lassen sich in zwei Worten zusammenfassen. Schottland rockt. (Ein Bericht von Boris)