„Operation Balaton“: mit dem Mountainbike über der Grenze über die Grenzen
08. April 2019
Warum muss es in der Nacht vor dem ersten Austria Cup-Wochenende im Mountainbike-Orienteering stark regnen? Wann ist am Sonntag die Nullzeit? Was macht der Daumen? Ist der Verschlammungszustand von Wegen kategorisiert? Warum ist Lehm so schwer? Ist es möglich, dass ein Posten, der an einem Weg-Ende steht, nur über Wiesen erreichbar ist? Macht es Sinn, quer durch den Wald abzukürzen, weil es hier in Ungarn erlaubt ist? Kann ein „ziviler“ VW Multivan auch für Verletztentransporte auf den rauhen Wegen im Hügelland am Nordufer des Balaton verwendet werden? Fragen über Fragen, an deren Beantwortung am 6. und 7. April 2019 gearbeitet worden ist. Auch von Babsi, Christine, Oli & Boris.
Balatonszölös ist ein kleines Dorf nur wenige Kilometer vom Plattensee entfernt. Eine Kirche, Weingärten, kleine Heurigenlokale, ungarische Landidylle, ein (besetztes) Storchennest und ein Fußballplatz, der sich als Wettkampfzentrum eignet. Bei gutem oder schlechtem Wind in der Badesaison hört man im Ort vielleicht sogar den Strand- und Partylärm aus Balatonfüred herauf. Auch die Ungarn haben ihr Mallorca. Aber der Wind ist gut, vor allem, weil er still ist.
Balatonszölös, Samstag, 6. April, die Frisur hält, die Stollenreifen unserer Mountainbikes streckenweise gar nicht. Der Sonnenschein trügt. Der Regen der Nacht hat den Lehmboden auf den Forstwegen aufgeweicht, tief und seifig gemacht. Mountainbiken auf dem Eis muss sich ähnlich anfühlen. Der Unterschied besteht darin, dass sich hier das „rötliche Eis“ auch noch mit all seinem Gewicht an das Rad klammert, an die Reifen, an den Rahmen, an die Schaltung. Manchmal so lange, bis die Räder blockieren und das Rad gereinigt werden muss.
Die Sturzgefahr meldet sich nicht an, sie ist plötzlich da. Sie lauert auch auf geraden Forststraßen-Abschnitten, wo die Reifen unvermittelt wegrutschen. Sie lauert aber auch auf schmalen Wegen, wo sich unter dem Laub Steine und Äste verbergen. Und das beim ersten Rennen der Saison. Es ist ein Mitteldistanz-Wettkampf, der Opfer fordert. Babsi steigt von ihrem Mountainbike über den Lenker ab und kommt nicht nur mit einem (tief)blauen Auge davon. Die Schulter ist beleidigt, der Kreislauf ist in Aufruhr, der Daumen ist eine dicke Wurst ohne Falten. Die Rettungskette funktioniert so: Konkurrentin Eva B. leistet an der Unfallstelle Erste Hilfe. Mit dem Handy einer vorbeikommenden ungarischen Fahrerin verständigt Eva ihren Mann Hans. Der alarmiert im WKZ Boris. Der Unfall ist natürlich im Zentrum der Karte passiert, also möglichst weit von Zivilisation und Asphalt entfernt. Der Kastner’sche Multivan muss in der Folge eine Geländeprüfung überstehen, um dann zum Krankenwagen umfunktioniert zu werden. Die Verunfallte wird über Stock und Stein in Sicherheit geschaukelt, kann dabei beim Verlassen des Waldes auch ein Auge, und nur eines, auf den im Tal glitzernden Balaton werfen. Nach dem Spitalsbesuch am Sonntag daheim in Korneuburg nimmt Babsi eine Gipshand mit nach Hause. Und die Option auf Operation des Daumen-Gelenks nach ein paar Tagen Beobachtungszeit. Und den Wunsch ihrer besorgten Töchter nach Stützrädern an Mutters sämtlichen Fahrrädern.
Von den 4 bikenden Naturfreunden kommen nur 2 ins Ziel: Boris [M50-], der an diesem Tag am Start zum ersten Mal in die Kiste, die mit „50“ beschriftet ist, greift, und auf seiner Bahn einen Posten hat, der an einem Weg-Ende steht, dass nur über halboffenes Wiesengelände anzufahren ist. Man kann auch auf dem Mountainbike das Fuß-OL-Gefühl erleben. Und im Ziel das Gefühl, in der AC-Wertung Zweiter zu werden, so wie Oli bei den jüngeren Herren [M15-17]. Christine [W40-] gibt auf, nachdem sich ihr ein Postenstandort nicht erschließt. Und Babsi …
Balatonszölös, Sonntag, 07. April: Ja, wann ist jetzt eigentlich die Nullzeit? 10 Uhr oder 9.30 Uhr? Wer mit 10 Uhr rechnet, hat plötzlich schon vor dem Rennen Stress. Stress, der scheinbar schnell macht, denn Christine beendet das Langdistanz-Rennen an den Hängen des 430m hohen Recsek-hegy auf Platz 2, Boris auch, und Oli bergradelt auf Platz 3. Und Babsi…, der wünschen wir alles Gute. Daumen hoch ! Oder so.
Ergebnisse Samstag – Mitteldistanz
Ergebnisse Sonntag – Langdistanz