Berichte

Aufbruch ins Ungewisse – oder die Eroberung der Rhodopen

28. Jänner 2022

Gleich das erste ingternationale Großereignis des Jahres bringt die ersten Medaillen für unseren Verein. Bei den World Masters Ski Orienteering Championships 2022 in Chepelare in Bulgarien gewinnt Josef [M60] Silber über die Mitteldistanz und doppelt mit Silber im Sprint erfolgreich nach. Hier schildert er seine Reise-Eindrücke. 

So viele Fragezeichen standen noch nie vor einer Reise. Zwar war das Pirin – Rhodopen Gebirge im Süden Bulgariens mit seinen bis an die Dreitausend Meter hohen Bergen immer schon eine Art Sehnsuchtsort. Aber zu konkreten Reiseplänen  nach Thrakien hatte es nie gereicht.

So war die Senioren-WM im Ski-Orienteering  verbunden mit einer Event Adviser Clinic des IOF ein willkommener Anlass.  Schon mit der ersten Nachricht über einen neuen Virus schrillten die Alarmglocken, und als er dann mit Omikron einen Namen und einen unzweifelhaften Ruf hatte, erst Recht. Angemeldet, aber nicht bezahlt. Flugbuchung hinausgeschoben. Manches Mal gehofft, dass es abgesagt wird. Es gibt viele Varianten in der sich die Verunsicherung zeigt.

Der Wille des IOF und des Veranstalters war jedoch eisern und eine Woche vor Beginn wurde das Covid-Konzept in einer Video-Konferenz präsentiert. Die Durchführung bestätigt. Also JA.  Auch mit der Aussicht, nach  einem positiven Test am Ruhetag 10 Tage in Quarantäne in einem bulgarischen Hotelzimmer verbringen zu müssen.  Ich packte vorsorglich den Ulysses von James Joyce als Medizin gegen die Langeweile  ein.

Nun ja. Es war dann alles halb so wild, mit Herausforderungen aus ganz anderen Richtungen. Zum Beispiel dem bulgarischen Winter, mit Morgentemperaturen von – 20 Grad. Hausbrand ist hier keine Kaffeemarke sondern die Qualität der Frischluft bei offenem Fenster. Das Wettkampfgebiet auf einem nahen Hochplateau war dem Wind ausgesetzt und bot bei weitem nicht die Annehmlichkeiten eines österreichischen Ski-Orientierungslaufs, wie Unterstand, Start- oder Ergebnisliste etc. Die bulgarischen Veranstalter improvisierten gekonnt auf Basis schlecht gewählter Rahmenbedingungen.

Der Modellevent am Tag 1 war für mich ein Desaster. Unbedarft, mit der falschen Brille gestartet, fand ich mich in dem engen, teilweise undeutlichem Spurennetz und der Karte gar nicht zurecht und irrte planlos herum. Dementsprechend groß war die Verunsicherung und die Nervosität,  sage  wir dazu „Versagensängste“, vor dem ersten Lauf, einem Sprint. Ich nahm mir vor, es langsam anzugehen und mein Lehrgeld notfalls bereitzulegen.

Auf Grund eines Sturms, der die Infrastruktur hinwegfegte, wurde der Sprint abgesagt und auf den Ruhetag verschoben.  So begann es am dritten Tag mit der Mitteldistanz. Trotz der Vorwarnung des zuvor stattgefundenen Elitelaufs am selben Hügel, war die Herausforderung enorm hoch. Karte und Gelände in Deckung zu bringen schwierig. Das steile Gelände und der stumpfe Schnee bei -14 Grad sogar hilfreich, weil von Langlaufen ohnedies keine Rede sein könnte und man Zeit zum Planen bekam.  Beim Posten 1 auf der Hügelkuppe, nach 50 hm und 15 Kreuzungen war man im Wettkampf angekommen. Es hieß immer aufmerksam zu bleiben. Jeder fehlende Doublecheck wurde sofort bestraft. Als ich mit 2 gröberen Fehlern am Ende als Zweiter aufschien, war die Freude und Überraschung umso größer.

Der Sprint am nächsten Tag vom selben Start bot die gleiche Bahnanlage und war durch die erworbene Geländekenntnis an einem sonnigen Wintertag einfacher. Die fehlenden 2 Sekunden zum Sieg kann man überall finden, auch wenn ich dezidiert verwirrt beim letzten Posten stand und nicht sofort den Weg zum Zielgelände einschlug.

Foto: die „wenig inspirierte“ Langdistanz-Bahn

Die Bahnanlage der Langdistanz war wenig inspirierend. Schlechte Routenentscheidungen und  am Ende eine gewisse Erschöpfung, führten dazu, dass ich den vorletzten Posten nicht anpeilte und fehlstempelte.

In Summe kann man sagen, dass die Wettkämpfe mit fast ausschließlich schmalen Spuren in dem steilen Gelände für die Masters zu schwer waren. Es war bei diesen Bedingungen doch eine rechte Stolperei. Und etwas Genuss sollte einem im Alter doch gegönnt werden. Dennoch gewinnt der, der die gegebenen Bedingungen am besten erfasst und nutzt.

Bulgarien war also die Reise wert, zumal der Entschluss hierher zurückzukehren und die noch eingefroren Natur einmal  in ihrer sommerlichen Pracht  zu erleben, gefasst ist.

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