Domenica. Lunedi. Martedi. Mercoledi. Giovedi. 5 Days of Italy.
10. Juli 2022
Warum nicht auch einmal genau das machen, was Manuel Feller, Marco Schwarz, Henrik Kristoffersen & Co. jedes Jahr machen? Nämlich eine Reise nach Madonna di Campiglio. Nicht im Winter, sondern im Sommer. Nicht um Slalom-Tore zu durchfahren, sondern um OL-Posten zu finden.
Gesagt, geplant, gefahren. Warum: Naturfreunde Wien – Vereinsreise 2022. Wann: von 3. bis 7. Juli 2022. Wer: Fast 50 kleine und große Läuferinnen und Läufer unseres Vereines. Wohin: 5 Days of Italy.
Es war zu befürchten, dass am Nachmittag der Zeugnisverteilung der eine oder andere PKW mehr als sonst auf West- und Südautobahn unterwegs ist. Dazu rollt die tägliche LKW-Lawine. Aber nichts kann uns aufhalten. Also zumindest nicht entscheidend: weder Unfälle noch Staus, weder Grenzwartezeiten noch Autobahnsperren. Irgendwann sind die rund 750 Anreise-Kilometer in die Dolomitenregion der Provinz Trentino erledigt, wie schließlich auch einige der geschlauchten Anreisenden. Der Satz „Vielleicht ist nur eine Sicherung kaputt“ ist später zu hören, hat aber nichts mit Motorproblemen zu tun.
Der Campingplatz Val Rendena liegt auf den breiten Wiesen des Talbodens, nahe des malerischen Dorfes Daré. Über den bewaldeten Hängen der Umgebung erahnen wir die Gipfel der nahen 3.000er. Es gibt Stellplätze für Zelte, Wohnmobile & Campingbusse sowie Appartements und Mobile Homes. Alle finden die Unterkunft ihrer Wahl: Elisabeth, Matilda & Michael; Eva, Maria & Günther; Natalia & Cleo; Jutta, Theo & Wolfgang; Sonja & Thomas, Elisabeth, Katharina & Max; Marina, Anna, Serge & Tim; Claudia, Peter & Erik; Babsi, Boris & Nico; Annina, Lauri & Wolfgang; Sabine & Felix; Renate & Axel; Christine & Erich; Manuela & Josef; Anneliese & Ernst; Jill, Sona, Mika, Leon & Luis; Katja, Anika, Jasmina & Ferri; Tetiana & Nikolai. Der Gebirgsfluss Sarca widersetzt sich am Rande des Campingplatzes rauschend der Nachtruhe. Der Satz „Dieses Kabel steuert anscheinend irgendwie das Wasser“ hat mit diesem wohlklingenden Lärm der Natur nichts zu tun. Wir schlafen gut.
Madonna di Campiglio liegt 30 Minuten entfernt und 1.000 Meter höher als das NF Wien-Basiscamp. In Pinzolo beginnt der Anstieg. Jede Serpentine bringt uns näher an die schroffen Spitzen der äußerst fotogenen Brenta-Gruppe und unsere Laufgebiete heran. Der Satz „Das Rechte ist die Erdung“ ist keine alpine Geländeeinweisung und wird erst im Laufe der Woche ausgesprochen.
Foto: Teile der Reisegruppe sowie Teile der Brenta-Gruppe
Alles beginnt klar, übersichtlich und nachvollziehbar. Nämlich mit der ersten Etappe am ersten Tag, dem Sonntag. Am Montag, dem zweiten Tag, geht dann allerdings die Ordnung donnernd – und blitzend – verloren. Der Dienstag bringt dann die vierte Etappe am dritten Tag, die für viele aber erst die zweite ist. Danach folgt die fünfte Etappe am vierten Tag, während am abschließenden fünften Tag, dem Donnerstag, die dritte Etappe zur letzten wird. Klingt möglicherweise ähnlich verwirrend wie ein weiteres Original-Zitat aus unserem Camping-Platz-Leben: „Das ist ein Elektrolytkondensator!“.
Das erste Rennen ist ein Sprint in Madonna di Campiglio. Auf dem Weg zum Start genießen wir die Aussicht auf die steile Weltcup-Piste. Eine andere laufen wir – nach einer kurzen Waldpassage – auf dem ersten Kilometer hinunter in den Ort. Im Schnelldurchlauf besichtigen wir den wohlhabenden Tourismusort auf knapp 1600m.
Während der Anreise zum zweiten Rennen wird die Luft noch dünner und bleibt uns aufgrund des spektakulären Panoramas weg. Die Seilbahn zum Passo Grosté bringt uns auf 2100m und nahe an die massiven Felswände der Brenta-Gruppe heran. Es sind Berge mit Charakter. Aber bald verschwinden die senkrechten Türme & Spitzen hinter dunklen Wolken. Hunderte Läuferinnen und Läufer sind bereits im (fantastischen) Gelände unterwegs, als die angekündigte Schlechtwetterfront eintrifft und ihre Muskeln spielen lässt. Es blitzt. Es donnert. Es herrscht Durcheinander. Der Lauf muss abgebrochen werden. Die zweite Etappe wird annulliert. Die Gewitterwarnung wurde vom Veranstalter spät, aber doch ernst genommen. Im Gegensatz zum Hinweis in der Bedienungsanleitung „Gerät nie öffnen und nichts in die Geräteöffnungen hineinstecken“. Dieser wird nur als loser Vorschlag gewertet.
Foto: Unsere Vereinsreise 2022 nach Italien gibt mir Berge!
Die Wettervorhersage für die weiteren Wettkampftage führt zu einer Änderung des Programmes. Die Rennen 3 und 4 beenden wir in der Arena bei der Seilbahn-Talstation nahe der Passhöhe Campo Carlo Magno. Westlich der Straße ist der idyllische Wald von vielen Sümpfen geprägt, dazwischen testen wir Skipisten – falls wir sie als solche erkennen – auf ihre Belaufbarkeit. Dafür ist es am nächsten Tag, östlich der Straße, ruppiger & steiler, aber dennoch wunderschön. Es geht vorbei an Schneekanonen und Quellen. Der Satz „Glaubst du, dass das blaue die Pumpe ist?“ hat aber nichts mit den Symbolen auf der Karte zu tun.
Zwischen den Etappen bleibt Zeit. Für Ausflüge zu senkrecht fallendem Wasser (Cascada di Mezzo) oder waagrecht ruhendem Wasser (Lago di Garda). Für einen Besuch im Hochseilgarten. Für gutes italienisches Essen. Für Entspannung auf dem Campingplatz: Mit einem gemeinsamen Naturfreunde-Grillabend. Mit Wuzeln, Tischtennisspielen sowie Baden im Pool. Klingt ganz nach glücklicher Kindheit, wie auch der Satz: „Ich musste im Alter von ungefähr 7-9 Jahren Widerstände bewerten, die mir mein Bruder aufgelegt hat“.
Foto: Bad(en) in der Menge
Schnell kommt der letzte Tag, die letzte Etappe. Zum zweiten Mal nehmen wir die Seilbahn zum Passo Grosté und steigen wieder beim Rifugio Boch aus. Zum Abschluss dürfen wir alle einen Lauf am Rande des UNESCO-Welterbes Brenta-Gruppe genießen. Wer beim Startdreieck rechts abbiegt, läuft direkt auf die 3.151m hohe Cime die Brenta zu. In der Distanz glitzern die Schneefelder und die vergletscherten Spitzen der Adamellogruppe in der Sonne. Einen Platz an ebendieser gibt es bei der Gesamtwertungs-Siegerehrung: Platz 3 für Jasmina [D-Elite], Platz 2 für Ferri [M55-], Platz 1 für Ernst [M80-]. Längst ist vergessen, was zwei Tage zuvor auf dem Campingplatz einen Teil unserer Reisegruppe den ganzen Nachmittag beschäftigt und unterhalten hat. Längst ist vergessen, was nicht geklappt hat. Denn die Reparatur eines Haushaltsgerätes ist gescheitert. „What else“ ist der erstaunte Beobachter geneigt anzumerken. Denn begonnen hat alles mit den – in diesem Zusammenhang – gefährlichsten Worten: „Ich glaube, ich habe eine Idee.“
Für das nächste Jahr und die nächste Vereinsreise ganz bestimmt. Und wir haben auch eine Idee, wo wir eine neue Kaffeemaschine kaufen.