I bin ja ned der Nurmi…
…haben sich sicher einige bei den Läufen der World Masters Orienteering Championships 2024 [WMOC] in Turku gedacht, als sie bei der Sprint-Qualifikation über die Laufbahn des Pavo Nurmi-Stadions jagen. 100 Jahre nach den legendären 5 Goldmedaillen des Ausnahmeläufers Pavo Nurmi bei Olympia in Paris1924, durften wir im Stadion (hier wurden zwischen 1911 und 1965 20 Weltrekorde gelaufen) den Zielposten „stempeln“. “Zwicken“ wäre passender, da in Finnland ein für uns doch antiquiertes Emit-Auswertesystem verwendet wird. Ferri berichtet über seine Eindrücke von der Senioren-Weltmeisterschaften 2024:
„Wir“ – das waren diesmal 4259 WMOC-Teilnehmende und 721 Fin5-Läuferinnen und Läufer. Darunter auch ein kleine Naturfreunde Wien Orienteering Team-Abordnung (Jana, Samuel, Adam, Albert, Eva, Maria, Günther, Sabine, Hannes, Fabian, Sandra, Wolfgang, Manuela, Lolli, Inge, Josef, Ferri und auch teilweise im Vereinsdress Kačka, Fabian N. und Viktor).
Turku und Naantali im SW von Finnland sind nicht nur die ältesten Städte Finnlands, sondern auch Ausgangspunkt in die mit ca. 40.000 Inseln „größte“ Schärenlandschaft der Welt. Praktisch, dass in der lokalen Werft nicht nur die größten Kreuzfahrtschiffe der Welt gebaut werden, sondern auch viele Fähren aus Schweden anlegen, die einige von uns direkt von ORingen kommend als Anfahrtsroute gewählt haben.
Zum Glück gibt es aber nicht nur viel Wasser in der Umgebung, sondern auch wunderschöne OL-Wälder mit traumhaft offenen Felsplatten, kleinen Sümpfen, Kuppen, Steinen und Abbrüchen – der Hauptgrund warum ich auch da bin. (Einige internationale Elite-Stars sind angeblich neidisch, dass wir Oldies in diesen schönen Wäldern laufen durften und die WOC 2025 im eher „faden“ Kuopio stattfinden wird.)
Bei einer WMOC steht für einige nicht unbedingt der große sportliche Erfolg im Vordergrund, sondern die freie Zeit zwischen den Läufen und das Treffen von alten und das Kennenlernen von neuen OL-Freund*innen. So konnten wir heuer die großartige Gastfreundschaft von Sandra und Wolfgang nützen, die bei einer Hütte eines lokalen, finnischen OLers direkt an einem See zwei wunderbare Grillabende für österreichische und internationale Gäste ermöglichten. Eine schon WMOC-erprobte WhatsApp-Gruppe durfte auch heuer nicht fehlen, wo Informationen (wichtige und unwichtige), OL-Tipps, Erlebnisse, Sonnenuntergänge und andere Eindrücke, Speisepläne und Treffpunkte: „Wo seid ihr?“ geteilt werden.
Um sportliche Erfolge geht’s aber dann doch auch irgendwie immer: Aus österreichischer Sicht hat heuer Ursi Fesselhofer mit Gold im Sprint und Bronze über die Langdistanz die eindeutig beste Leistung erzielt – und unsere „Halb-Tiroler“ Monika und Mario Amman Gold und Bronze im Sprint. Vier Damen und ein Herr haben alle drei Goldmedaillen gewonnen, darunter Simone Niggli (W45) und Sole Nieminen (W95), der große Star und Publikumsliebling dieser WMOC. Sie meistert mit ihren 97 Jahren für viele unvorstellbar schwierige Bahnen.
Ich persönlich bin mit geringen Erwartungen an gute Ergebnisse nach Finnland gefahren. Nachdem ich bei den WMOCs der letzten drei Jahren immer zwei Medaillen gewonnen habe, war mir bewusst, dass ich das in Finnland nicht wiederholen kann – und das nicht nur, weil meine Kategorie M55 mit ca. 240 Startern eine der größten Kategorien (nach M 60, 65 und 70) dieser WMOC ist.
Sprint in Turku:
Die Sprint-Qualifikation mit Ziel im Nurmi-Stadion laufe ich dosiert, aber nicht fehlerfrei und werde damit 10. in meinem Vorlauf (20 kommen ins A-Finale). Zum Glück bin ich nicht unter den vielen Disqualifizierten, die Sperrgebiete übersehen haben. Im Finale kann ich mich deutlich steigern. Ich erwische gute Routen durch die Universität von Turku und habe genug Reserven für den Sprint ins Ziel vor dem Dom, wo ich von vielen angefeuert werde. Da ich recht früh gestartet bin, bleibe ich lange an der Spitze des Feldes – am Ende wird es ein 9.Platz, mit dem ich sehr zufrieden bin.
Wald Qualifikation und Mittel Finale in Sauvo (40 km östl. von Turku)
Die Wald-Qualifikation soll eine Mischung aus Lang- und Mitteldistanz sein, aus meiner Sicht gleicht unsere Bahn eher einer Langdistanz. Nach einem kleinen Fehler zu P1, werde ich etwas nervös, erhöhe das Tempo und komme ohne gröbere Fehler ins Ziel. Dort bin ich über meinen 4. Platz sehr positiv überrascht und denke mir kurz, dass ich vielleicht doch auch Kompasslaufen kann.
Das Kompasslaufen doch nicht meine Stärke ist, merke ich beim Mittel-Finale. Ich bin im wunderschönen Gelände für meine nicht vorhandene „finnische O-Technik“ viel zu schnell unterwegs und mache zwei größere und ein paar kleine Fehler: Platz 57 mit 10 min Rückstand auf den Sieger aus Norwegen sind das Ergebnis.
Lang Finale in Rymättylä (30 km westl. von Turku auf einer Schäreninsel)
Am Vorabend stehe ich am Campingplatz zufällig mit dem Campervan neben Gjermund Urseth dem Gold- und Silbermedaillengewinner meiner Kategorie aus Norwegen. Im Gespräch werden mir auch wieder die Dimensionen Skandinaviens bewusst: er kommt aus Tromsö, was ca. 1400 km nördl. von Turku liegt, nach Wien sind es ca. 1400 km Luftlinie nach Süden.
Wir schätzen seine Laufzeit für das Finale auf 45 – 50 min. Er gewinnt dann tatsächlich mit einer Laufzeit von 47:35 min. Ich erzähle, dass ich zu schnell bin für meine O-Technik hier, was er schmunzelnd mit „In this terrain here you must run fast“, kommentiert.
Was ich bei unserem Gespräch noch nicht weiß: am Abend/in der Nacht bekomme ich Halsweh und ich überlege in der Nacht lange, ob ich überhaupt laufen soll. Ich möchte mir das wunderschöne Gelände dann nicht entgehen lassen und laufe doch, allerdings bewusst etwas langsamer und mache dadurch fast keine Fehler. Ich bin dann als 32. deutlich besser als beim Mittel-Finale platziert.
So wie in Süditalien vor 2 Jahren, lerne ich, dass eine WMOC nicht nur ein schönes Treffen für OL-Freunde ist, sondern auch ein ideales Revier für Corona-Viren ist…. Am Ende einer langen Reise nach Skandinavien, möchte ich Günther zitieren und ihm voll zustimmen: „Das Gelände war für mich noch schöner als bei O-Ringen.“