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10.000 Kilometer bis zum Sieg

Zwischen Wien und einer Teilnahme an den südamerikanischen Orientierungslauf-Meisterschaften 2024 [SAOC] von 12. bis 14. Oktober 2024 in Kolumbien liegen neben dem Vorhandensein von Zeit und Möglichkeit vor allem etwa 14 Stunden Flugzeit. Mit Zwischenlandung. Für Lolli [H55-] hat sich die 10.000 Kilometer lange Anreise gelohnt. Er holte sich in Maranilla den Sieg im Sprint und jeweils Platz 3 über Mittel- und Langdistanz.

Der erfahrene Reisende weiß, es gibt verschiedene Hilfsmittel, um den langen Transatlantikflug entspannt zu überstehen: Schlaftabletten oder Business-Class oder beides. Wenn man dann gut in der Hauptstadt Bogota gelandet ist, muss man nur noch der Autopista 60 von Bogota nach Medellin für knapp 400 Kilometer folgen – und schon ist man in Maranilla. Die 200.000-Einwohner-Stadt liegt inmitten der Anden auf über 2100m und ist eines der Zentren der kolumbianischen Landwirtschaft. Angebaut werden Kartoffeln, Bohnen, Mais und Gemüse. Eingebaut hat sich so mancher bei den südamerikanischen Orientierungslauf-Meisterschaften 2024 im Sprint.

Es empfiehlt sich, bei diesem Lauf im in der Kleinstadt Guatape sehr auf die Karte fokussiert sein, um nicht von der Schönheit des Ortes völlig abgelenkt zu sein. Das historische Zentrum von Guatape ist bekannt für seine vielen bunten Häuser, die sich in engen Gassen zusammendrängen. Außergewöhnlich sind auch die in Reliefkunst gestalteten, farbigen Häusersockel. Es gibt viel zu sehen. Und es gilt, eine sehr anspruchsvolle Sprint-Bahn zu bewältigen. Auf dem Weg ins Ziel muss man auch in einer Schule mit zwei verschiedenen Ebenen den Überblick bewahren. Lolli [H55-] gelingt das sehr gut, er gewinnt den Sprint und ist somit südamerikanischer Sprint-Meister 2024.

Neben den Läuferinnen und Läufern aus Kolumbien, Brasilien, Ecuador, Paraguay und Chile sind auch einige Europäer und Amerikaner bei diesen Titelkämpfen dabei und nutzen die Freizeit für touristische Ausflüge. Zum Beispiel ins nahe Medellin mit seinen 2,7 Millionen Einwohnern. Oder an den riesigen Stausee Embalse del Penol. Nach 600 Stufen hinauf auf den Fels von Guatape wird Lolli mit dem phantastischen Panorama auf die Wasserfläche mit unzähligen Inseln und Halbinseln belohnt. Viele kolumbianische Prominente und Reiche mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund (Drogenhandel, Fußball, Showgeschäft) haben hier ihre exklusiven Villen.   

Es ist heiß im Hochland von Kolumbien. Temperaturen um die 35 Grad machen auch die Waldbewerbe nicht einfacher. Bei der Langdistanz ist der Wald extrem grauslich und vor allem dunkelgrün. Dazu ist die Karte auch kein Premiumprodukt. Das alles sorgt für teilweise extrem lange Laufzeiten. Lolli kämpft sich auf den 3. Platz. Ganz anders, nämlich größtenteils offen und gut belaufbar ist das Gelände, in dem die Mitteldistanz stattfindet. Das Alleinstellungsmerkmal ist hier ein anderes:  nur ein Zaun trennt das kleine Laufgebiet von der Start- und Landebahn des internationalen Flughafens von Medellin ab. Für Lolli gibt es wieder den 3. Platz. Rückstand auf den Sieger: nur 57 Sekunden.  

Und wenn man schon in der Gegend ist, kann man die Reise auch gleich um 1.500 Flugkilometer Richtung Norden erweitern und auch die zentralamerikanischen und karibischen Meisterschaften 2024 in der Dominikanischen Republik besuchen. Ja, auch diese Titelkämpfe gibt es. Auch eine kleine IOF-Veranstaltung hat ihre große Abkürzung: CCCO [Central American and Carribbean Championships in Orienteering]. Ausgetragen werden ein Mitteldistanzrennen und ein Sprint in der Hauptstadt Santa Domingo mit knapp 70 Läuferinnen und Läufern.  

Die Bahn im alten Handelsviertel ist nicht besonders anspruchsvoll. Spektakulärer ist da schon das Zentrum von Santa Domingo. Die historische Altstadt mit ihrer Stadtmauer hat gepflasterte Gassen und viele alte Gebäude, die aus dem 16. Jahrhundert stammen. Dazu gehört die Kathedrale, die als Erste in der „Neuen Welt“ errichtet wurde. Lolli [H55-] gewinnt dieses Rennen überlegen vor dem ehemaligen IOF-Präsidenten Tom Hollowell und ist nun auch „karibischer Meister“. Die in der dominikanischen Republik dazugestoßenen Denise [Damen Elite] und Philipp [Herren Elite] laufen bei 35 Grad jeweils auf den 5. Platz.

An dieser Stelle endet diese sportliche Reise und die Erzählung davon. Die nordamerikanischen Orientierungslauf-Meisterschaften 2024 [NAOC] haben nämlich bereits im August in Ontario stattgefunden. Schade, es wären nur 3.000 Kilometer von der Karibik nach Kanada gewesen.