Berichte

Es gibt hier nichts zu sehen – Abbruch der österreichischen Nacht-Meisterschaft

06. Oktober 2020

Das war der Plan: Der Abend des 03. Oktober 2020 wird ein besonderer. Er wurde es auch, aber anders. Der Abend des 03. Oktober 2020 hätte in Neusiedl bei Güssing die österreichischen Nacht-Meisterinnen und Meister ans Licht und unserem Verein Titel und Medaillen bringen sollen. Daraus wurde nichts.

Der Abend des 03. Oktober wurde dennoch historisch: zum ersten Mal in der rot-weiß-roten Orientierungslauf-Geschichte musste ein Bewerb abgebrochen werden. Ein Unwetter mit Sturm & Hagel, Blitz & Donner machte den Aufenthalt im Wald zu gefährlich.  

Der 03. Oktober war im Osten Österreichs ein schöner Tag. Mit Sonnenschein und angenehmen Temperaturen. Aber gemeinsam mit ca. 300 Orientierungsläuferinnen hatte sich auch eine Gewitterfront auf den Weg ins Südburgenland gemacht. Rund eine Stunde vor dem Start konnte man schon ahnen, was sich da zusammenbraute. Die aus dem Westen näherkommende Dunkelheit am Himmel war nicht die Nacht, sondern eine schwarze Wolkenfront, die sich von hellen Blitzen und lauter werdendem Donnergrollen begleiten ließ. In die gespenstische Stimmung hinein fielen die ersten Tropfen, während pünktlich ab 19 Uhr die ersten Läuferinnen und Läufer die Startbox verließen. Die österreichische Nacht-Meisterschaft 2020 hatte begonnen.

Aber schneller als man laufen konnte, war das Sturmtief da. Regen und Wind wurden immer stärker. Knapp 100 Läuferinnen und Läufer waren bereits im Wald, als der Hagel kam. Dann stürzte unmittelbar neben Start 1 ein Baum um, beim Start 2 verteilte der Sturm die Karten in den angrenzenden Gärten. Sofort hieß es „Start stopp.“ Der Wettkampf wurde unterbrochen.

Davon bekamen alle, die bereits im Wald waren, nichts mit. Und auch sonst nicht viel. Denn es gab nichts zu sehen. Der Regen war so stark und dicht, dass die unendlich vielen Tropfen das Licht der Stirnlampen direkt vor dem Kopf reflektierten und den Läufer/innen sofort wieder um die Ohren warf. Für „Fernsicht“ sorgten nur Blitze.

Dann schien sich das Wetter wieder zu beruhigen, der Wettkampf wurde fortgesetzt. Aber nur kurz. Das Unwetter zeigte noch einmal seine Muskeln und nahm an Gewalt zu. Die Jury musste reagieren und reagierte: der Wettkampf wurde endgültig abgebrochen.

Aber auch davon bekamen alle jene, die schon im Wald waren, nichts mit. Sie kämpften sich durch die gefährliche Nacht. Auf Forststraßen, auf denen man vor wenigen Minuten noch ohne Behinderung laufen konnte, lagen plötzlich umgestürzte Bäume. Viele brachen ihre Läufe ab, einige liefen ihr Rennen (vermeintlich) zu Ende.

 „Im Wettkampfzentrum warteten wir nun bei Kerzenlicht auf die zurückkehrenden Läuferinnen und Läufer“, schildert Wettkampfleiter Gerald Mayrhofer.  Das Auslesen der Chips war wegen des Stromausfalles nicht möglich, so wurden händisch die Namen aller Rückkehrer notiert. Gott sei Dank war keine große, nächtliche Suchaktion notwendig, alle Gestarteten kamen schließlich unverletzt aus dem Wald. 

Über den Abend des 03. Oktober 2020 und die Stunde, die viele im Herzen des Unwetters verbrachten, werden noch lange viele Geschichten erzählt werden.